Northcape4000 Q&A und Packliste

Northcape4000 Q&A und Packliste

Das Northcape4000 ist ein Ultracycling Abenteuer, das von Italien bis zum Nordkap führt. Im Jahr 2024 hatte ich das unglaubliche Glück, an diesem epischen Event teilzunehmen. Von den malerischen Landschaften in den Alpen bis hin zu den rauen Weiten Lapplands – jede Etappe war eine Herausforderung und eine Belohnung zugleich. Hier möchte ich meine Erfahrungen, die Höhen und Tiefen, die unvergesslichen Begegnungen und die atemberaubenden Momente mit euch teilen. Hier geht es zur Vorbereitung: Klick ,  hier geht’s zur Woche 1: Klick  , zur Woche 2: Klick und hier zur Woche 3: Klick.

 

 

Angekommen bin ich inzwischen und mich haben sooo viele Fragen erreicht. Ich beantworte die gerne immer wieder aber ich habe mir gedacht, so langsam macht es schon Sinn, die mal zu sammeln. Denn wer sich mit dem Thema beschäftigt, kommt doch oft sehr schnell bei den gleichen Fragen an. Und ENDLICH habe ich mir auch mal Zeit für die immer wieder nachgefragte Packliste genommen.

Ich fange mit einem kleinen Q&A an, mit Fragen, die ihr mir auf der Reise und danach gestellt habt:

  1. Warum hast du dich für das Northcape4000 entschieden?

    Auf der Suche nach Bikepacking Berichten bin ich auf den Blog von Sara gestoßen -Link- Ich war sofort hooked. Vor allem ihr Aufruf an Frauen, sich das zuzutrauen, hat mich angesprochen und nicht mehr losgelassen. Was zunächst noch ein diffuser Traum war, wurde mit der Streckenverkündung konkret.



  2.  Warum hast du dich ausgerechnet für so ein langes Event angemeldet?

    Ich bin nicht schnell und ich brauche meinen Schlaf. Je länger die Events sind, desto normaler scheint es zu sein, dass man "ordentlich" schlafen kann. Damit kommt man zwar nicht unter den ersten 10 an, aber das war auch nicht mein Ziel.


  3. Hattest du keine Angst draußen zu schlafen?

    Doch. Ich habe es trotzdem gemacht und es war weniger schlimm als befürchtet. Vor allem in Schweden war einfach so wenig los, dass ich mir keine Sorgen um mich gemacht habe. Und das ganze Krabbelvieh, vor dem ich vorher noch "Angst" hatte? Daran habe ich überhaupt nicht mehr gedacht. In meinem Biwacksack habe ich mich wohl gefühlt.



  4. Könnte man das Northcape4000 auch nur mit Hotelübernachtungen fahren?

    Ja. Die Planung wird ggf. etwas aufwändiger unterwegs und im Zweifel teuer. Eventuell wird es dann notwendig, die Etappen den Hotels anzupassen und nicht den eigenen physischen und psychischen Möglichkeiten. Meine Empfehlung: Traut euch zu biwackieren und versucht es mal in der Vorbereitung.


  5. Kann man mit anderen zusammenfahren?

    Ja. Wenn das Tempo und die Sympathie passen, dann ist das bei diesem Event kein Problem. Man darf sich auch Windschatten geben :)
    Bei anderen Events: Schaut euch vorher die Regeln an. Das ist nicht immer erlaubt.



  6. Wie weit im Voraus muss man die Fähren buchen?

    Das kommt auf die Fähren drauf an. Die relativ kurzen Fähren in "meinem" Jahr konnte man bis kurz vor Ablegen buchen. Bei Fähren über längere Strecken kann das aber ganz anders aussehen.  Also gut informieren. Vor dem Losfahren.

  7. Hast du beim Fahren auf deine Wattzahlen geachtet?


    Nicht wirklich. Mir war aber wichtig, dass die Leistung immer aufgezeichnet wurde (Ersatzbatterie mitnehmen!) und ich hab mir Abends den Durchschnittswert angeschaut und geprüft ob der mit meinem Gefühl zusammenpasst. Mir hat das geholfen, zu erkennen, dass ich in der zweiten Woche nicht an meinem körperlichen Limit gefahren bin und konnte in der dritten Woche "tiefer" gehen und mit mehr Leistung fahren.

  8. Hattest du Schmerzen?


    Ja. Gerade ab Tag 2 bis 5. Ich habe versucht in meinen Körper hineinzuhören, ob das Schmerzen sind, die einfach von Verspannungen oder sowas kommen oder von strukturelleren Problemen, die langfristiger schaden könnten.
    Ich hatte keine Knieschmerzen und keine Rückenschmerzen. Die einzigen Schmerzen, die mir Sorgen bereitet haben, waren die Finger, die ab Woche 2 an der Grenze zum Einschlafen waren. Ich habe von da an darauf geachtet, regelmäßig die Finger zu bewegen, die Positionen zu wechseln und habe meine Handschuhe ausgezogen um Druckstellen zu vermeiden. Hat sich gelohnt, ich hatte nach Beendigung des Rennens keine Einschränkungen. Auch sonst war ich schmerzfrei, sobald ich abends das Rad verlassen habe.

  9. Wie weit darf man von der vorgegebenen Route abweichen?


    Immer dann, wenn der Weg nicht sicher ist oder ihr euch nicht sicher fühlt. Das können unterschiedliche Gründe sein. Wenn ihr den Weg verlasst, um zu Essen oder zu schlafen, müsst ihr zu dem Punkt wieder zurückkehren, wo ihr ausgestiegen seid.

  10. Wie hast du dich motiviert, wenn dir alles weh tat?

    Ganz unterschiedlich. Ein paar Sachen, die ich probiert habe und auch in Zukunft für mich mitnehmen möchte:

    • Musik. Ich habe im Vorhinein relativ viel Zeit in eine Playliste gesteckt. Da rein durften nur Lieder, die wirklich gerne mag. Wenn mich eins nicht sofort gecatcht hat, durfte es nicht drauf. Das hat übrigens auch echt viel Vorfreude gebracht.
      Ich habe zwei Playlists gemacht. Eine "normale" und eine mit klassischer Musik. Die mit klassischer Musik hat mir am Anfang gar nichts gebracht aber mich in der letzten Woche nochmal richtig gepusht.

    • Hörbuch. Ich habe mir ein Hörbuch mitgenommen, von dem ich wusste, dass ich es sehr mag aber lange genug nicht mehr gehört hatte, um es wieder spannend zu finden. Das hat mich durch die meisten Tiefs gebracht. Vor allem durch den Regen. Riesen Pluspunkt: Es ging in Deutschland durch Gebiete, die in meinem Hörbuch vorkamen.

    • Nachrichten von Zuhause. Ich habe so viele liebe Nachrichten von zuhause bekommen. Vor allem zu meinem Tief vor Rostock. Trotzdem sollte man diese Motivation mit Vorsicht genießen. Je nachdem wie man gerade drauf ist, kann das auch mal demotivieren.

    • Zählen. Bushaltestellen, Bäume, Straßenlaternen, Kilometer, Kurbelumdrehungen, irgendwann dann Rentiere. Alles mit dem Ziel, den Kopf von Gedanken abzulenken.

    • Essen. Jede von uns hat doch ein Guilty Pleasure oder? Wann kann man das ohne Reue essen, wenn nicht bei sowas. Bei mir war es Lakritz und ich hab damit teilweise Schmerzen und Zweifel einfach weggefuttert. (Kein solider Tipp fürs sonstige Leben… )

    • Podcasts. Mein Go-to bei normalen Ausfahrten hat mich beim Northcape4000 irgendwie nicht so weit gebracht.

    • Das Alphabet Spiel. Siehe auch Woche 2. Das hat mir geholfen, meinen Kopf von Langeweile abzulenken. Kurzzusammenfassung: Man sucht sich ein Thema aus (z.B. Obst) und sucht einen passenden Begriff für jeden Buchstaben des Alpahbets. Apfel, Birne, Cherimoya usw.

    • Das Ziel. Das Gefühl anzukommen und den Globus endlich zu sehen…

    • Kleine Schönheiten am Wegesrand. Ein besonders schöner Baum, Beeren im Unterholz, Seen, Brücken…

    • Die feste Überzeugung, dass ich es schaffe. Zu keinem Zeitpunkt habe ich daran gezweifelt, dass ich es bis zum Nordkap schaffe. Es hat mir oft geholfen, mich darauf zu besinnen.


  11. Was war dein absolutes Highlight?

    Puuuh… 3 Highlights fallen mir sofort ein. Die Einfahrt ins Ziel (logisch), die Fähre von Deutschland nach Dänemark und immer dann wenn es Rückenwind gab.



  12. Was war dein tiefstes Tief?

    Vor Rostock. Ohne Zweifel.


  13. Hattest du ein Foodhighlight?

    Ja. Salziges Lakritz. Sowas gibt’s in Deutschland nicht. Bzw. das was hier als salzig verkauft wird, ist ein Witz dagegen.
    Aber disclaimer: Wenn ihr es probiert: Ich bin unschuldig!



  14. Wie war dein Trainingsplan?

    Da ich keine ausgebildete Trainerin bin, möchte ich keine Empfehlungen zum Training geben. Ich habe versucht mich daran zu halten, lange Zone 2 Fahrten zu machen und die von Woche zu Woche zu verlängern. Jeweils mit Regenerationswochen dazwischen. Außerdem habe ich mich Stück für Stück an Berge herangearbeitet. Siehe auch meine Vorbereitung.


  15. Wie war deine Ausgangssituation, als du angefangen hast, fürs Northcape4000 zu trainieren?

    Ich fahre schon immer Fahrrad und seit 2020 Rennrad. Meine ersten 200km bin ich 2021 gefahren. 100+km bin ich schon lange bevor ich ein Rennrad hatte gefahren. In 2023 hatte ich etwas mehr als 9000 Jahreskilometer. Zu meiner sonstigen Ausgangssituation: Ich war zu Fahrtantritt 34 Jahre und würde mich als unsportlich bezeichnen. Das stimmt natürlich nur bedingt aber ich bin weit weg von Modellathletin. Meine Stärke liegt dafür offenbar im Mentalen und in meiner Regenerationsfähigkeit.



  16. Hast du einen Werkstattkurs besucht in der Vorbereitung?

    Nein. Aber ich habe einiges geübt. Unter Anleitung und Mithilfe von meinem Bruder habe ich mir mein Gravelbike selbst zusammengebaut. Dabei habe ich natürlich einiges gelernt und selbst probiert. Die wichtigen Sachen wie Bremsbeläge tauschen und Reifen wechseln habe ich direkt vor Abfahrt auch nochmal selbst gemacht. Grundsätzlich würde ich einen Kurs aber auf jeden Fall empfehlen. Macht euch vorher Gedanken, was für technische Probleme ihr selbst lösen können wollt und ob ihr euch damit sicher fühlt. Und dann gleicht das mit dem Werkzeug ab, das ihr mitnehmt.


  17. Wie hast du das gemacht mit der Hygiene?


    Das hat zwar zugegeben niemand gefragt, aber das ist eins der wichtigsten Themen auf so einer langen Strecke. Ich habe meine Hose jeden Tag gewaschen. Wenn ich draußen geschlafen habe, habe ich mindestens das Sitzpolster ausgewaschen.

    Zähneputzen ist auch super wichtig. Neben der Tatsache, dass es durch den ganzen Zucker wirklich notwendig ist, hat Zähneputzen auch noch weitere Nebeneffekte: Es gibt einem eine gewisse Routine auf der Tour und bei einem Tief kann es helfen, wieder neue Kraft durch die Frische zu finden.
    Meine sonstigen Klamotten habe ich gewaschen, wenn ich im Hotel war. Die Socken und das Baselayer immer, das Trikot und den Sport-BH  nicht jeden Tag.

    Offenbar hat das ganz gut geklappt, denn ich hab mich meistens wohl gefühlt mit mir. Mein Mann hat mir bei unserem Wiedersehen kurz vorm Nordkap auch bestätigt, dass ich gar nicht so stinke, wie er befürchtet hatte :-D

  18. Wie bist du vom Nordkap zurückgekommen, bzw. welche Möglichkeiten gibt es zurückzukommen?


    Ich hatte die Luxus-Premium-Variante und wurde von meinem Mann mit dem E-Auto abgeholt. D.h. ich konnte ab Ankunft mein Fahrrad verlassen und musste mich nur noch fahren lassen. Die meisten sind aber vom Nordkap zurück geflogen. Dafür muss man zuerst mit dem Bus (oder Rad) nach Alta und dort ist dann ein größerer Flughafen.

    Andere Alternative, von der ich gehört habe: Fähre. Bis nach Honnigsvag fahren die Hurtigruten. Wenn man nur ein Stück fährt und nicht übernachtet, ist das preislich wohl akzeptabel. Vom Zielhafen kann man dann nach Zügen oder Bussen schauen. Die ganze Strecke zurück wäre auch möglich aber preislich nochmal eine andere Hausnummer.

    Fahrrad fahren geht auch. Hingekommen seid ihr dann ja schon :-)

 

 

Die Packliste

Die häufigste Frage war, was ich mitgenommen habe. Auch auf der Fahrt wurde ich sooo oft angesprochen, wie ich mit so wenig Taschen auskomme. Ich sag mal so: Small Frame Problems. Ich hab halt nicht mehr dran gekriegt und musste mir wirklich jedes Teil genau überlegen. Dennoch habe ich eigentlich nichts wirklich vermisst.

 

Gab es besondere Fails bei der Ausrüstung?

Nein. Der Schlafsack war nicht warm genug. Aber vom Packmaß hätte ich keinen größeren unterbekommen und Daunen kommen für mich aus ethischen Gründen nicht in Frage. Also habe ich zum Schlafen alles warme angezogen. Dann ging es auch gut.

 

Hattest du ein Highlight in deiner Packliste?

Ja, so komisch das klingt: der Sport-BH. Erstmal natürlich, weil der aus unserem eigenen Shop ist klick aber auch weil der so weich und bequem ist, dass er beim Fahren nicht stört. Meine alten Sport-BHs waren alle so hart, dass  sie mich beim Atmen behindert haben und ich Schwierigkeiten hatte, die alleine auszuziehen  (blöd bei 4000km alleine durch Europa..)

 

Hast du besondere Empfehlungen?

Ja. Packt so, dass ihr möglichst wenig Taschen vom Rad nehmen müsst. Ich hatte alles, was ich im Hotel brauchte in der Aerotasche. Den Rest konnte ich am Rad lassen. Nichts ist blöder als wenn man nach dem Duschen nochmal in den Fahrradkeller muss. Auch wenn das Rad aufs Zimmer durfte: Es ist super hilfreich, wenn man nicht in mehreren Taschen suchen muss.

 

Generell bin ich sehr gut zurecht gekommen. Ich wusste immer wo was ist und mir hat nichts gefehlt. Beim nächsten Mal würde ich eventuell eine Powerbank weniger mitnehmen. Aber das hängt vom Event und von der Schlafstrategie ab.



 

Next Steps für dich: 

Jetzt hast du auch Lust auf eine Challenge bekommen? Wir haben da eine extra Motivation für dich. Unser Trikot #next_veloment ist absolut langstreckentauglich und begleitet dich auch durchs härteste Training. 

Du hast konkrete Fragen zur Vorbereitung? Melde dich gerne bei mir, zum Beispiel über Instagram 

 
Autorin: Insa Ceranski, Co-Founder von Veloment

Zurück zum Blog